Resolution der SPD Schwabach auf Antrag der Schwabacher JUSOS - Solidarität mit der Ukraine – Für ein in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt geeintes Europa!

10. Juli 2022

Solidarität mit der Ukraine – Für ein in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt geeintes Europa!

Antragssteller: Patrick Domke, Fabian Schlosser, Eric Wagner, Elias Grämmer, Jacob Buchwald, Nils Fleischmann, Christian Ramspeck Adressatin: Mitgliederversammlung der SPD Schwabach am 30. Juni 2022

Die Mitgliederversammlung der SPD Schwabach hat am 30. Juni 2022 die Annahme der folgenden Resolution beschlossen:

Inzwischen befinden wir uns im dritten Monat des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Mit der am 24. Februar 2022 begonnenen, völkerrechtswidrigen Invasion ist die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs etablierte Sicherheits- und Friedensarchitektur in Europa zerbrochen – zum ersten Mal seit 77 Jahren müssen wir auf unserem Kontinent einen Angriffskrieg beobachten. Wir verurteilen diesen eklatanten Bruch des internationalen Rechts seitens der Russischen Föderation aufs Schärfste.

Es ist ein Überfall unter dem Vorwand, den Faschismus aus der Ukraine vertreiben zu wollen — indes ist für uns klar, dass die einzigen beiden Länder in Europa, die wirklich dem Autokratismus verfallen sind, Russland und Belarus heißen.

Es ist ein Überfall unter dem Vorwand, die Unterdrückung der russischsprachigen Minderheit in der Ukraine zu beenden — für uns ist hingegen klar, dass russischsprachige Menschen in erster Linie in Russland selbst unterdrückt werden.

Es ist ein Überfall unter dem Vorwand, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer aus den Fängen des Westens befreit werden müssten. Wir wissen jedoch durch eine Vielzahl entsprechender Andeutungen des russischen Präsidenten, dass der Kreml vielmehr die ukrainische Staatlichkeit zerstören und das ukrainische Volk dem Joch seiner imperialistischen Träume unterwerfen möchte.

Das ukrainische Volk wird deshalb zum Ziel des russischen Vernichtungskrieges, weil es die vollständige Zugehörigkeit zu unserem europäischen Haus anstrebt. Und so liegt es unzweifelhaft in unserer Verantwortung als Europäer, gemeinsam mit aller Kraft die Souveränität eines unserer Völker zu verteidigen. Denn es sind die gemeinsamen Ideen von Demokratie, Freiheit und Toleranz, die gerade in Kyjiw, Mariupol und Charkiw von Ukrainer*innen in unvorstellbarer Tapferkeit verteidigt werden.

Genau aus diesem Grund sind die Ukrainer auch kein europäisches Volk zweiter Klasse. Ihre territoriale und politische Integrität darf nicht zur Disposition gestellt werden. Ihr Land ist kein Gebiet, das die Großmächte über die Menschen hinweg in Einflusssphären aufteilen können, um einen Scheinfrieden herzustellen. Wenn wir dieses Denken — das Recht des Stärkeren — akzeptieren würden, dann würden wir keinen Frieden bekommen: Es wäre eben keine Realpolitik, sondern der direkte Weg in einen kriegerischen Dauerzustand, der diesen Kontinent über Jahrhunderte und Jahrtausende in Geißelhaft genommen hat.

Es ist deshalb unsere Pflicht, den Ukrainerinnen und Ukrainern alle verfügbaren Mittel für ihren nach dem Völkerrecht völlig rechtmäßigen Kampf gegen Russland zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören Waffen, insbesondere auch schwere Waffen.

Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist für uns weiterhin klar, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte äußerst restriktiv sein muss. Wir bekennen uns erneut nachdrücklich zur durch Willy Brandt und Egon Bahr begründeten Ostpolitik. Deutschlands Rolle auf dem internationalen Parkett — eingebettet in eine stringente Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union — soll sich weiterhin am Glauben an die Diplomatie und den Multilateralismus orientieren.

Die Bilder und Berichte aus Butscha, Irpin und Mariupol, die abscheulichste Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentieren, unterstreichen eingedenk dieser Prinzipien allerdings die unbedingte akute Notwendigkeit zur Unterstützung des ukrainischen Volkes mit Waffen. Es wäre fatal, aus den Geschehnissen des vergangenen Jahrhunderts in Namibia, Rwanda und Srebrenica nicht die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Der von den Vereinten Nationen als »Responsibility to Protect« bezeichnete kategorische Imperativ, wonach sich die Weltgemeinschaft einem anbahnenden Genozid resolut entgegenstellen muss, ist für uns die Leitlinie eines verantwortungsvollen politischen Handelns.

Wir unterstützen daher ausdrücklich die neuerlichen Maximen der Bundesregierung zur Solidarität mit der Ukraine. Es ist richtig, dass Deutschland unseren ukrainischen Freunden nun rasch Artillerie und andere Waffengattungen zukommen lässt. Wir möchten nicht, dass unser Land in dieser Frage als Bremser wahrgenommen wird.

Wir begrüßen ebenso, dass unser Land dank intensiver Zusammenarbeit mit unseren Partnern inzwischen weitgehend unabhängig von russischem Erdöl und russischer Kohle ist. Gleichzeitig pochen wir weiterhin nachdrücklich auf eine EU-weite Kraftanstrengung für den schnellstmöglichen Ausstieg aus russischem Erdgas. Es kann nicht sein, dass wir die verbrecherische Kriegsmaschinerie des Kremls mitfinanzieren.

Und obwohl wir nach dem Völkerrecht durch unser Handeln nicht zur Kriegspartei werden, ist klar, dass es für die derzeitige Gemengelage keine Blaupause gibt. Es ist höchst zweifelhaft, ob die russische Regierung dem internationalen Rechtsgefüge noch irgendeine Bedeutung zumisst. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, was Russland zu einer weiteren Eskalation des Konflikts bewegen würde. Weil Präsident Putin über das größte Atomwaffenarsenal der Welt verfügt, kann nicht vernachlässigt werden, dass durch den jetzigen Konflikt auch eine u. U. nukleare Bedrohungssituation für das NATO-Bündnisgebiet entstehen kann. Diese besteht aus unserer Sicht jedoch umso mehr, wenn wir die Ukraine, ob bewusst oder de facto durch Unterlassen von Waffenlieferungen, dem Kreml überlassen. In diesem Fall können wir nicht ausschließen, dass Chișinău, Tallinn oder Warschau die nächsten Ziele des Putinschen Terrors werden.

Selbstverständlich ist Lösung des Konflikts schlussendlich nur am Verhandlungstisch möglich. Davor muss jedoch militärisch sichergestellt werden, dass das von der ukrainischen Regierung ausgegebene Ziel der vollständigen Souveränität des ukrainischen Volkes die einzig gangbare Option ist. Die jüngsten durchschaubaren Versuche Russlands, über einen Waffenstillstand, der nur kurzfristig zum Zwecke der eigenen Truppenreorganisation währen würde, zu verhandeln, lehnen wir wie die ukrainische Regierung entschieden ab. Vielmehr bestärken uns die wiederholten Erfolgsmeldungen der ukrainischen Streitkräfte in den vergangenen Wochen in unserem Glauben an die erfolgreiche Verteidigung des ukrainischen Staates.

Schließlich demonstriert diese Krise aus unserer Sicht eindrücklich die Alternativlosigkeit einer Europäisierung der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Nur, wenn die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit einer gemeinsamen Stimme sprechen und als unspaltbare Einheit wahrgenommen werden, können wir effektiv Frieden, Demokratie und Wohlstand auf unserem Kontinent langfristig garantieren und auf der ganzen Welt dafür eintreten. Wir fordern daher die Stärkung der außenpolitischen Kompetenzen der Europäischen Kommission, des EU-Außenbeauftragten und des Europäischen Parlamentes. Nicht zuletzt wollen wir an dieser Stelle entschieden betonen, dass bestehende demokratietheoretische Mängel in der Architektur der EU sowie rechtsstaatliche Defizite in den Mitgliedsstaaten keine Hinderungsgründe für ein starkes und selbstbewusstes gemeinsames Auftreten der EU in der derzeitigen Weltlage sein dürfen. Vielmehr müssen uns diese Probleme dazu anleiten, noch ehrgeiziger an der Verwirklichung unserer Vision einer gesamteuropäischen Union im Geiste der Aufklärung, der Herrschaft des Rechts sowie der Demokratie zu arbeiten. Eine Union, die möglichst bald auch die Ukraine umfasst.

jusos sc

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