Rede zum Haushalt 2024 des Fraktionsvorsitzenden Werner Sittauer

14. Januar 2024

Wie geht es unserer Stadt?

Die Voraussetzungen Schwabachs für eine prosperierende Entwicklung sind sehr gut. Wir verfügen über eine – ausweislich des Rekordaufkommens bei der Gewerbesteuer 2023 – sehr resiliente Wirtschaftsstruktur mit hier verwurzelten Unternehmerpersönlichkeiten und eine gebildete und fleißige Erwerbsbevölkerung auch aus dem Umland.

Beider Erfolg wird auch darin sichtbar, dass wir die drittniedrigste Erwerbslosenquote der kreisfreien bayerischen Städte verzeichnen dürfen.

Unsere Haushalte sind seit langem stabil. Wir freuen uns trotz ansehnlicher Investitionen über eine mit 716 € - auch gemessen an den Städten vergleichbarer Größe – außergewöhnlich niedrige Pro-Kopf-Verschuldung, an die Aufnahme von Kassenkrediten erinnern sich nur altgediente Stadträt*innen. Das ist sicher ein großer Erfolg von Stadtkämmerer Spahic, der uns mit niedriger Zinslast ein Minimum an Handlungsspielraum, das andere schon nicht mehr haben, hinterlässt.

Was haben wir vor?

Schwabach entwickelt sich, und das erfordert unsere Vorsorge. Wir bauen unseren öffentlichen Nahverkehr mit on-demand-Verbindungen und Mieträdern aus und sind dabei, ein Mobilitätskonzept und eine Wärmeplanung für die Zukunft zu entwickeln.

Wir investieren in besonders hohem Maße (1) - die Einzelmaßnahmen wurden schon vorgetragen. Es freut mich ganz besonders, dass nahezu die Hälfte (44%) dieses Volumens von 41 Mio. € auf den Bereich Schulen entfällt und damit wichtigste Investitionen in unsere Zukunft darstellt.

Was sind die Konsequenzen?

Die aus heutiger Sicht harmloseste: Die immer höheren Investitionserfordernisse der Gegenwart schlagen sich in den doppischen Haushalten der Zukunft in ebenso steigenden Abschreibungen nieder, und die erwirtschaften wir schon heute nur zu 80%.

Von uns nicht steuerbare internationale Krisen wie Berliner Ränkespiele sorgen für einige Unsicherheit, was die - z.T. noch gar nicht vorliegenden – Rahmendaten unseres Haushalts anlangt. Einigermaßen sicher allerdings dürfen wir davon ausgehen, dass der Bezirk seine in den letzten 10 Jahren inflationsbereinigt um die Hälfte erhöhte Umlage behält.

Ebenso wenig von uns steuerbar sind die Folgen durchaus sinnvoller bundespolitischer Entscheidungen im Steuer- (Inflationsausgleichsgesetz, Jahressteuergesetz, Wachstumsbeschleunigungsgesetz) wie im Gesundheitsbereich (Reform der Krankenhausfinanzierung) – aber der kommunale Haushalt muss die Folgen genauso tragen wie bei der sehr wünschenswerten Kinderbetreuung bis zum Ende der Primarstufe.

Hinzu kommt, dass die Kommunen neben den Investitionen auch immer neue Aufgaben übertragen bekommen, die zusätzliches Personal erfordern. Der enorme Anstieg der Personalkosten ist bekanntlich nicht auf exorbitante Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst zurückzuführen, sondern darauf, dass wir allein im guten letzten halben Jahrzehnt fast ein Viertel mehr Stellen schaffen mussten – und dabei können wir nicht einmal alle besetzen.

Am schwersten wiegt heute, dass wir dieses enorme Investitionsvolumen – auch netto bleiben da noch 23 Mio. € übrig – nicht aus eigener Kraft erwirtschaften können, sondern unsere verfügbaren Liquiditätsreserven vollständig aufzehren müssen und eine Nettokreditaufnahme von 22 Mio. € brauchen.

Da muss man erst einmal durchschnaufen. Und dann versucht man, das einzuordnen. Berufsbedingt schlage ich dazu einen Blick in die Geschichte vor und blättere mit Ihnen zehn Haushalte zurück.

Im Jahr 2015 war unser negativer Investitionssaldo etwa halb so hoch wie 2024, er konnte aber nicht mit der Hälfte, sondern mit einem Fünftel der jetzigen Nettokreditaufnahme finanziert werden, die Kreditfinanzierungsquote der Investitionen war nicht einmal halb so hoch. Das war auch bitter nötig, weil damals die Pro-Kopf-Verschuldung mehr als doppelt so hoch war wie heute. Es bedeutet aber auch: Selbst wenn die geplante Nettokreditaufnahme vollständig realisiert werden müsste (was bisher nie der Fall war), lägen wir noch immer um ein Sechstel unter der Pro-Kopf-Verschuldung von 2015.

Wie geht es weiter?

Ein bisschen handeln wir mit Zitronen, weil immer noch nicht alle Rahmendaten für unsere Haushaltsaufstellung bekannt sind – es sind halt nicht alle Parlamente so darauf versessen, ihren Bürgerinnen und Bürgern schon im alten Jahr zu sagen, wie’s im neuen weitergehen könnte.

Und die Rahmendaten, auf die wir bauen, wie etwa die Bundesschätzung fürs Einkommensteuer- und Gewerbesteueraufkommen, lassen sich im Lichte der aktuellen Konjunkturprognosen, deren Ergebnisse ja schon 2023 hätten eintreten sollen, durchaus hinterfragen. Zu hoffen ist, dass die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung sich nicht dämpfend auf Verbraucherverhalten und Konjunktur auswirken werden.

Ein Streiflicht am Rande: Zum letzten Mal beschließen wir auf Grundlage der alten Grundsteuer-Gesetzgebung und damit die Vergleichsmarke für 2025, wenn neues Recht erstmalig gelten wird.

Was können wir in Schwabach tun? Nicht so furchtbar viel, weil wir die eingeleiteten Investitionsmaßnahmen abschließen müssen. Zu ihnen gehört auch die FOS, die überraschend größer ausfallen muss als zunächst geplant. Dann mag es eine kurze virtuelle Verschnaufpause geben, aber neue große Projekte – FOS-Fertigstellung, Feuerwehrhof, wahrscheinlich eine weitere Grundschule - warten.

An dieser möglicherweise erforderlichen Grundschule lässt sich eine zentrale Frage der künftigen Stadtentwicklung festmachen: Welchen Einfluss hat künftiges Einwohnerwachstum auf die Stadtentwicklung? Sind die mit einer höheren Einwohnerzahl verbundenen Infrastrukturkosten mit den zusätzlichen Mitteln, die neue Bürger in unsere Stadt bringen können, abzudecken? Halten wir die Flächenkonkurrenz zwischen Wohnen und Gewerbe, das wir ja für mehr Einwohner und für unsere Stadtfinanzen ebenfalls weiterentwickeln wollen und müssen, in der Balance? Erhalten wir die hohe Lebensqualität, die wir Schwabacherinnen und Schwabacher in einem immer noch ziemlich grünen Städtchen genießen dürfen?

Es sind nicht so viele Stellschrauben, an denen wir in unserer Stadt drehen können. Und das Problem der Unterfinanzierung der bayerischen Städte ist überhaupt nichts Schwabach-Spezifisches. Der Bayerische Städtetag hat dazu im November einen Brandbrief versandt, in dem Herr OB Pannermayr, Straubing, Frau OBin Weber, Augsburg, beide CSU, und Herr OB Dr. Scharpf, Ingolstadt, SPD, gemeinsam fordern, dass (im reichen Bayern – WS) die Gesundheitsversorgung in den Regionen nicht den Kommunen aufgebürdet werden darf und dass die Verbundmasse für die Schlüsselzuweisungen so erhöht werden muss, dass die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können und Planungssicherheit und Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Neue Aufgaben könnten die Kommunen nur bei vollständiger Übernahme der Sach- und Personalkosten erfüllen. (2) Herr Spahic sieht da keine rosige Zukunft, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Dank

In der Sache waren die Haushaltsberatungen diesmal nicht vergnügungssteuerpflichtig. Da aber unter der gewohnt souveränen Schirmherrschaft von OB Peter Reiß alle Beteiligten viel Mühe darauf verwendet haben, Probleme zu lösen und im Konsens zu handeln war es eben doch eine Freude mit Ihnen allen zusammenzuarbeiten.

Hier darf ich neben Herrn Aepfelbach ganz besonders Herrn Gräfensteiner danken, der uns mit größter Sachkunde und hoher Präzision durch die Beratungen geleitet und wo geboten knapp und klar Entscheidungsalternativen aufgezeigt hat – als hätte er nie etwas anderes gemacht.

Unseren Dank verdient auch Herr Spahic, der mit einigen von uns seit 2013 die Haushalte der Stadt Schwabach entwickelt hat. Er war uns dabei ein hoch kompetenter Begleiter und wir wünschen ihm auf seinem weiteren beruflichen wie privaten Weg alles Gute!

Werner Sittauer
Haushaltssprecher

(1) Schul(bau)investitionen: • Erweiterung der Johannes-Helm-Schule sowie Neubau einer Schulturnhalle als Zweifachübungsstätte • Verbesserung der IT-Ausstattung an den Schulen • Ersatzneubau eines Hallenbades durch die Stadtbäder GmbH • Hermann-Stamm-Realschule - Generalsanierung • Adam-Kraft-Gymnasium - Sanierung Altbau • Adam-Kraft-Gymnasium – Sanierung Biologiesäle • Fachoberschule Neubau • Wolfram-von Eschenbach-Gymnasium – Generalsanierung Turnhalle Stadtsanierungsmaßnahmen: • Projekte Stadtsanierung („Soziale Stadt“) • Investitionen in den Breitbandausbau • Sandsteinbogenbrücke SC 16 – Sanierung • Boxlohe Umgestaltung Familienfreundliche Stadt: • Erwerb von potentiellen Wohnbau- und Gewerbegrundstücken • Barrierefreier Umbau von Bushaltestellen • Bau von Querungshilfen • Planung Mobilitätsstation • Sanierung Spielplatz Hirtenweg • Fuß- und Radweg Spitalwald- und Berliner Straße Umweltfreundliche Stadt: • Kommunale Wärmeplanung • Stadtbiotopkartierung • Gewässerentwicklungskonzept Nadlersbach • PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden sowie investive erneuerbare Energiemaßnahmen

(2) vgl. BAYERISCHER STÄDTETAG Pressemitteilung vom 15. November 2023: Kommunale Haushalte in Schieflage: In vielen Städten ist ein Schmerzpunkt erreicht

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