Unser Land und damit unsere Stadt durchlaufen kurz aufeinander entstandene und sich überlappende Krisen die hinlänglich beschrieben sind. Aber Land wie Stadt zeigen in der Krise, dass seine wichtigen Institutionen funktionstüchtig sind und ihre Bürger vor den schlimmsten Krisenfolgen zu schützen vermögen.
Stabile Fundamente
Schwabachs hier oft gerühmte relativ kleinteilige Wirtschaftsstruktur kann relativ flexibel reagieren und wird nicht von jedem Sturm gleich umgeblasen, und so erwarten wir trotz schwerster Herausforderungen für Handwerk und Industrie durch die Energiepreissteigerungen eine stabile Entwicklung bei der Gewerbesteuer, ja sogar einen Anstieg bei der EkSt-Beteiligung. Dass wir dabei nach Kempten die zweitniedrigste Arbeitslosenquote unter den kreisfreien Städten Bayerns halten ist Ursache und zugleich Ergebnis dieser Entwicklung.
Dass es ganz Bayern nicht schlecht geht, ist erfreulich; dass wir von der gestiegenen Schlüsselmasse 2 Mio. € mehr abbekommen als erwartet noch mehr.
Es ärgert uns aber sehr, dass sich der Bezirk einen Schluck aus der Pulle gönnt. Der Entwurf des Kämmerers verschlechtert sich um fast eine halbe Million €, weil CSU, AfD und Freie – eine in ihrer Zusammensetzung immerhin bemerkenswerte Mehrheitskonstellation - einen Hebesatz von 23,55 Prozentpunkten durchsetzten gegen GRÜNE, FW, SPD und LINKE, die eine geringfügige Absenkung auf 22,9 Prozentpunkten, wie sie auch der Kämmerer in die Planung eingestellt hat, versuchten.
Mut in der Krise
Trotz der nicht unfreundlichen Haushaltssituation haben wir leider einen Negativsaldo aus der laufenden Verwaltungstätigkeit von -2,7 Mio. € und reißen damit eine wesentliche Kenngröße eines wirklich erfreulichen Haushalts: Wir können unsere Tilgungen daraus nicht finanzieren.
Unser Haushalt kann – neben einem Griff in die Rücklagen von 6 Mio. € - nur durch die für unsere Verhältnisse außergewöhnlich hohe Netto-Kreditaufnahme von 19 Mio. €
ausgeglichen werden.
Wir tun das mit gutem Gewissen, denn wir stemmen mit diesem Haushalt ein RekordInvestitionsvolumen von 41 Mio. €.
Generationengerechtigkeit
Das müssen wir der Bürgerschaft erklären, denn entgegen einer populären Meinung
machen wir diese Schulden nicht zu Lasten der nächsten Generation:
* Unsere Jüngsten bekommen an der JHS einen wunderbaren Teilneubau mit einem
tollen Zentralgebäude und einer innovativen Sporthalle,
* alle SchülerInnen werden künftig den unverzichtbaren Schwimmunterricht in einem
modernen Hallenbad erhalten,
* die Luitpoldschule und das Adam-Kraft-Gymnasium werden – auch wenn es
etwas später wird als erhofft – einen Zusatzbau auf dem Stand der Technik erhalten,
* wir nehmen einen Neubau für die sehr erfolgreich gestartete FOS in Angriff, und
* die Digitalisierung der Schulen wird nach der Ausstattung aller Lehrkräfte mit
Dienstrechnern mit der Anbindung der Schulen ans Glasfasernetz einen vorläufigen
Abschluss finden – wir sind dann in diesem Aufgabenfeld sicher unter den
Spitzenreitern in Bayern.
Alle dies investieren wir - z.T. eben notwendigerweise kreditfinanziert – nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen, sondern für sie! Und auch die Bürgerschaft profitiert von hohen Investitionen ins schnelle Glasfaser-Internet und in die Digitalisierung der Verwaltung, die künftig den Gang ins Rathaus weiter möglich, aber immer seltener notwendig machen wird.
Hätten wir diese Investitionen nicht auf später verschieben können? Ja, aber das wäre nicht sinnvoll gewesen, denn die Kosten für diese unabweisbaren Investitionen werden steigen, selbst wenn der Inflationspeak erreicht sein sollte.
Begründete Hoffnung
Und real wird sich das alles weniger aufregend entwickeln als nominell, denn
* bisher wurden weder die Kreditermächtigungen des letzten noch die des laufenden
Haushaltsjahrs in Anspruch genommen, und
* trotz 19 Mio. € Netto-Kreditaufnahme hat Schwabach – auch ein Erfolg des 2014
eingeleiteten Prozesses zur Haushaltskonsolidierung – eine deutlich
unterdurchschnittliche Verschuldung. Das gilt auch im Vergleich mit Kommunen
ähnlicher Größe, obwohl die kostenrechnenden Bereiche wie Abwasser und Müll,
die ja aus Gebühren zu decken sind, bei uns nach wie vor im allgemeinen Haushalt
geführt werden. Bei anderer, man kann fast sagen: üblicher Rechnungslegung wäre
unser Schuldenumfang nochmals um fast 40% niedriger!
Trotzdem ist die durch den russischen Überfall auf die Ukraine angeheizte Inflation ein großes Problem, schränkt sie doch unsere investive Handlungsfähigkeit trotz aller Haushaltsdisziplin erheblich ein. Dass wir im kommenden Jahr auf dem Gipfel unser Investitionsbergs stehen und wir 2024 den Abstieg einleiten können, wird wohl unter die Sieben Bergsteigerlügen (3."Des steilste Stück hamma scho!“) eingereiht werden müssen: Brauchen wir nicht eine weitere Grundschule? Wie setzen wir den Ganztagsbetreuungsanspruch ab 2026 um?
Schulterschluss zwischen Verwaltungsprofis und Zivilgesellschaft
Neben den baulichen Investitionen belasten uns aber noch andere Entwicklungen: 2014
hatten wir beschlossen, eine Aufweitung unseres Personalaufwands dürfe es nur bei
unabwendbarem Bedarf geben – aber unser Personalaufwand ist seit 2013 (mit zwei
Ausnahmejahren) kontinuierlich gestiegen, und das nicht wegen der (bescheidenen)
Lohnentwicklung bei den Beschäftigten, sondern wegen immer neuer Aufgaben, die
den Kommunen richtigerweise zugewiesen, aber nicht gegenfinanziert werden. Zwei
Beispiele:
* Die Unterbringung von Flüchtlingen wird vom Team um Knut Engelbrecht mit
größtem Aufwand für die Betroffenen wie für die Stadtgesellschaft äußerst effektiv
bewältigt. Sie schaffen das allerdings nur, weil eine funktionierende
Zivilgesellschaft mit dem von Frau Grau-Karg gesteuerten Asyl-Café, dem von
Frau Dr. Reimann geleiteten Haus der Begegnungen und der von Frau Schmidt
geführten Schwabacher Tafel sie intensiv unterstützt, ja manchmal gar ihre
Aufgaben übernimmt.
* Der Bezugskreis der Wohngeldempfänger wird im neuen Jahr durch Bundesgesetz
etwa verdreifacht werden. Das ist richtig – erfordert aber angesichts der erwartbaren Antragsflut einen deutlichen Personalaufwuchs, der von uns zu finanzieren ist.
What’s next?
Die im gültigen FNP angepeilte Einwohnerzielzahl von 42 000 ist fast erreicht, und wir spüren, dass unsere Infrastruktur angepasst werden muss, zumal wir eine Reihe von Wohnbaugebieten in der Pipeline haben.
Der Kämmerer wünscht sich, dass Menschen mit möglichst soliden Einkommen zuziehen, damit unsere Schlüsselzahl sich verbessert. Wer sucht Wohnraum? Weniger
diese, aber wir hoffen, dass die Erhöhung des Mindestlohns sich hier positiv auswirken wird.
Das Schwabacher Krankenhaus ist, das ST hat darüber ausführlich berichtet, in
Schwierigkeiten. Das Personal in unserem Krankenhaus arbeitet mit äußerstem Einsatz, und wir haben in der hoffentlich abflauenden Pandemie wirklich allen Grund uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ärzteteam und Pflege zu bedanken. Zu lange hat der Bund den Weg beschritten, die Qualität von Krankenhäusern nach ihrer wirtschaftlichen Effizienz zu bewerten. Hier scheint Gesundheitsminister Lauterbach einen neuen Weg einschlagen zu wollen, der den DRGs etwas von ihrem quasi-sakralen Status nehmen könnte – wir werden sehen, was daraus wird.
Wir werden mit den geplanten großen Wohnbaugebieten 3-S-Werk, Niehoff-Gelände,
Forsthof Süd und Wiesenstraße unsere Einwohnerzahl wesentlich steigern. Dabei
wird es langsam enger in der Stadt, und wir müssen unser Augenmerk darauf richten,
* dass wir die Infrastruktur – z.B. im Schul- und Kitaangebot, aber auch in der
Verwaltung - entsprechend ausbauen müssen und dafür Flächen brauchen,
* dass wir unsere Mobilität so umgestalten müssen, dass sie mit mehr Menschen auf
gleicher Fläche weiter funktioniert – hier freuen wir uns schon auf die Unterstützung von Dr. Hartl- und
* dass mehr Menschen mehr Arbeitsplätze benötigen, unser Gewerbeflächenvorrat aber jetzt schon fast zu klein ist. Arbeitsmarktpolitik ist auch Industrie- und Gewerbepolitik und die vor Ort auch Gewerbeflächenpolitik. Die Diskussion um den Wettbewerb Ansbacher Str. zeigt, dass es hier durchaus zu einem Konkurrenzverhältnis zwischen Wohn- und Gewerbebau kommen kann.
Bisher sind wir – auch durch die glückliche Einkaufspolitik unserer Stadtwerke – einigermaßen glimpflich durch die Energiepreiskrise gelangt, und wir haben mit Dankbarkeit gehört, dass die Verwaltung die Stadt auf eine durch Energiemangel bedingte Katastrophe so gut wie möglich vorbereitet. Wir hoffen, dass alle SchwabacherInnen gut durch den Winter kommen – und da ist der weiter funktionierende Arbeitsplatz vielleicht doch wichtiger als die Temperatur des Duschwassers.
Dank
Es hat schon vergnüglichere Haushaltsberatungen gegeben. Sie sind aber in
Schwabach auch in Krisenzeiten erträglich, weil zwischen den Fraktionen ein gemeinsames Bewusstsein darüber besteht was getan werden muss. Das wird natürlich
auch dadurch unterstützt, dass wir kaum je genug Geld für parteipolitische Spielzeuge hatten, und so gehorcht mancher von uns eben mehr der Not als innerem
Drange. Für den kollegialen Stil danke ich jedenfalls allen Kolleginnen und Kollegen, die diesen Haushalt mit vorberaten haben.
Herrn Stadtkämmerer Spahic und seinem neuen Team mit Herrn Gräfensteiner, und
Herrn Aepfelbach danken wir für die tolle Vorarbeit, die das komplexe Bild eines kommunalen Haushalts für uns Ehrenamtliche erst dechiffrierbar macht – und uns dabei natürlich auch ein wenig entmachtet.
Unser Oberbürgermeister Peter Reiß hat unsere Verhandlungen locker, aber sehr zielorientiert geleitet und manchen Knoten entflochten. Auch dafür gebührt ihm unser Dank.
Die SPD-Fraktion stimmt den vorgelegten Haushalten zu.