Frommer Wunsch mit Fragezeichen

01. Februar 2017

„Gesundheit und langes Leben!“ Was bedeutet es, wenn dieser Wunsch auch eintrifft? Wie ist das, wenn wir so alt werden, wie wir es uns wünschen, solange wir jung sind? Beim Neujahrsempfang der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) im Schwabacher Bürgerhaus forderte Professorin Dr. Barbara Städtler-Mach, die Präsidentin der Evangelischen Hochschule Nürnberg, als Gastrednerin zum verantwortungsvollen Handeln für ein „gutes langes Leben“ auf.

SCHWABACH – „Stell Dir vor, es gibt kein Himmelreich, stell Dir vor, es gibt keine Länder, stell Dir vor, alle Menschen leben in Frieden.“ Mit John Lennons schöner Vision von einer friedlichen einigen Welt begrüßte AsF-Vorsitzende Caro Linner knapp 100 Schwabacher Bürgerinnen (und einige Bürger) zum traditionellen Neujahrsempfang, es ist bereits der 22. seit der Einführung als Kontrapunkt zu all den Männerempfängen am Jahresanfang. Gespielt wurde „Imagine“ dann auch gleich – und zwar von den „Cheap Seats“, einer jungen achtköpfigen Bläserband, die mit Temperament und Tempo echten Bigband-Sound und Swing ins Bürgerhaus transportierte.

Dass der Empfang für Frauen nach wie vor seine Berechtigung und Bedeutung hat, machte die SPD-Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger mit Zahlen deutlich: „Noch immer verdienen Frauen deutlich weniger als Männer – und keineswegs nur, weil sie Teilzeit arbeiten.“ Meist üben sie niedriger entlohnte Tätigkeiten aus, aber auch bei gleicher Qualifikation und Arbeitszeit finde sich im Schnitt 20 Prozent weniger Verdienst auf ihrem Gehaltszettel. Schmitt-Bussinger verwies auf eine Gesetzesinitiative der Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig, um Frauen ein Auskunftsrecht darüber zuzuerkennen. 14 Millionen Frauen sollen davon profitieren.

Nach wie vor sind es Frauen, die in den sozial so wichtigen Erziehungs- und Pflegeberufen arbeiten – für relativ schlechte Bezahlung. Dies merkte auch die Theologin und Diakoniewissenschaftlerin Städtler-Mach in ihrer Rede über persönliche und gesellschaftliche Herausforderungen im demografischen Wandel an. Denn vielfach finde für Erziehung und Pflege heute ein „Outsourcing“ statt. Die Geringschätzung dieser Berufe ist laut Städtler-Mach Bestandteil des Zwiespalts zwischen Anspruch und Wirklichkeit. „Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie unser langes Leben gut sein kann“, forderte sie. Ältere Menschen seien aber naturgemäß im Durchschnitt mehr oder eher krank als jüngere. Und die Kosten dafür höher. Die Lebenserwartung von 83,2 Jahren für Frauen in Bayern bedeute: „Wie kann ich mich mit 50 Jahren darauf vorbereiten, dass ich noch 30 Jahre lebe – vielleicht mit Demenz?“ Mit kurzen Vita-Beispielen von vier Frauen schilderte die Professorin, die Anfang der 80er Jahre übrigens kurzzeitig Pfarrerin in Schwabach gewesen war und „immer noch eine enge Bindung zu Schwabach“ hat, wie unterschiedlich Biografien verlaufen. Und wie viel Verantwortung jede einzelne, aber auch die Parteien und die Gesellschaft insgesamt übernehmen müssen, damit unser Älterwerden und Ältersein auch gut sein kann. „Who cares?“ erinnerte sie an eine Ausstellung, deren Titel doppeldeutig übersetzt werden kann: „Wer kümmert sich?“, aber auch: „Wen kümmert es?“

Laut Städtler-Mach sind nicht nur Bildung und Wissen über das Altern nötig (so wie Kurse zur Geburtshilfe), auch die Pflege von Beziehungen spiele eine Rolle („Einsamkeit kündigt sich an“) und Solidarität – gerade zwischen den Generationen. Daraus folgerte sie: Verantwortung übernehmen. „Es gehört zu den Aufgaben des Altwerdens und Gesundbleibenwollens, dass ich für schlechte Zeiten mitdenke“, forderte die Hochschulpräsidentin – und fügte hinzu: „Vorsorge und Versorgtsein gehören zusammen.“

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