AsF Neujahrsempfang 2019

Text und Bild: Ursula Kaiser-Biburger

30. Januar 2019

Temperamentvoll, leidenschaftlich, kommunikativ und eingedenk des 100-jährigen Frauenwahlrechts erlebten zahlreiche Schwabacherinnen, Stadträtinnen und einige Männer im sehr gut besuchten Bürgerhaus den diesjährigen Neujahresempfang der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischen Frauen (AsF) für Schwabacher Bürgerinnen. Den Auftaktimpuls übernahm die AsF-Vorsitzende und Neu-Stadträtin Caroline Linner von der Rede der Sozialdemokratin Marie Juchacz im Reichstag vom Januar 1919: „Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, daß in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, und zwar ganz objektiv, daß es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat.“ Damit würdigte Caroline Linner sowohl diese SPD-Abgeordnete und Begründerin der Arbeiterwohlfahrt als auch das Wahlrecht, welches die Frauen am 12. November 1918 gesetzlich zugesprochen bekamen. “Obwohl das Frauenwahlrecht eigentlich selbstverständlich sein sollte, feiern wir es bei diesem 24. AsF-Neujahrsempfang als Meilenstein der internationalen Frauenbewegung.“

Voller Leidenschaft erinnerte die AsF-Vorsitzende an die nicht wenigen Herrscherinnen, die mit ihrem politischen Auftreten in die Geschichte eingingen. Dennoch wirke heute die Bundeskanzlerin als weibliche Regierungschefin in einer männerdominierten Weltpolitik eher befremdlich. Selbst der Frauenanteil im Bundestag von knapp 31 Prozent verlange nach einer Verbesserung. Caroline Linner betonte, wenngleich Feministinnen heute noch von einem Großteil der Bevölkerung müde belächelt würden und wenn viele glaubten, Frauen und Männer seien schon gleichberechtigt, so zeige die Realität, dass es immer noch einen großen Handlungsbedarf gebe. Dies beweise die aktuelle Diskussion über den Abtreibungsparagraphen § 219a, wobei doch die Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht der Frau gerade im Jahre 1919 an erster Stelle stehen sollte. Auch die Gastrednerin, die Abgeordnete des Europa-Parlaments Maria Noichl, nahm sich dieser Thematik in ihrer mitreißenden, dreiteiligen Rede an, in der sie auf die gegenwärtige EU-Situation blickte, als AsF-Bundesvorsitzende Vorschläge aufzeigte, wie auf diese EU-Tendenzen reagiert werden müsse und was die SPD tun müsse. Gerade in diesem Zusammenhang stellte sie mit deutlichen Worten klar, dass der jetzige Paragraph 218a einen Kompromiss darstelle und dass es nicht stimme, dass die SPD die Abtreibung gut finde. Vielmehr bekräftigte sie: „Abtreibung ist ein Desaster für alle Beteiligten!“ Die SPD habe jedoch viel dazu beigetragen, dass sich die Rahmenbedingungen veränderten, mit dem Ziel, dass Frauen in dieser Konfliktsituation wüssten: „Die SPD lässt die Frauen in ihrem Konflikt nicht allein!“ Von daher sei es für Maria Noichl bei der neuerlichen Diskussion um den Paragraphen 219a nicht nachvollziehbar, dass sich Frauen, die sich in dieser Konfliktsituation befänden, nicht in ihrem geschützten Wohnraum am PC informieren könnten. „Es geht überhaupt nicht um Werbung!“ Das Widersprüchliche bestehe für die Abgeordnete darin, dass über alle medizinischen Verfahren, sogar über Schönheitsoperationen, sämtliche Informationen bis ins Detail im Internet veröffentlicht dürften, für diesen Bereich aber die Information außen vor bleibe. Maria Noichl sei es wichtig, dass das Selbstbestimmungsrecht und die Würde der Frauen nicht so wie in Polen angetastet würden. Dort hätten die Frauen massenweise auf der Straße mit dem „Metallkleiderbügel“, dem Symbol für die „Hinterhof-Engelmacher“, demonstriert. Nicht nur wegen der nationalistischen und frauenfeindlichen Politik Polens rief Maria Noichl ihrem Publikum zu: „Es brennt! Ja, es brennt ganz gewaltig in Europa!“ Sorgen bereiteten der EU vor allem Ungarn neben Polen und Italien. Denn in diesen Ländern würden mit der Demokratie gleichfalls auch die Frauenrechte abgebaut. Beispielsweise werde in Ungarn offiziell nicht mehr von Frauen, sondern nur noch von „Müttern“ gesprochen. Damit gebe es nur noch eine Mütter-Politik! „Deshalb habe das EU-Parlament diesem Land die rote Karte gezeigt!“ Das sei ein einmaliger Akt in der europäischen Geschichte. Solche Ansichten, die Frauen wieder in das Klischee der 1950er Jahre zurückversetzen wollten, seien allerdings auch im gegenwärtigen Deutschen Bundestag zu finden. Deshalb sollten alle Demokraten zusammen halten und gegen den Abbau der Würde der Frauen gemeinsam vorzugehen, forderte Maria Noichl als AsF-Bundesvorsitzende heftig. Ein Gegenmittel sah die Abgeordnete, indem verstärkt die politische Bildung bei jungen Leuten besonders in Bayern gefördert werden müsse, gerade weil da diese zurückgeschraubt würde. Nur so könne man den Rückfall in alte Denkmuster verhindern. Um die Gleichstellung von Mann und Frau voranzubringen, sei es notwendig, typische Frauenberufe aufzuwerten und nicht mit der Forderung zu begegnen, dass Frauen nicht in sozialen Berufen, sondern stattdessen in technischen Berufen arbeiten sollten. Schließlich stellte die leidenschaftlich und sehr plausibel erklärende EU-Abgeordnete fest, dass Umweltschutzpolitik gleichzeitig eine Frauenpolitik betreffe. Denn der Klimawandel komme bei Männern und Frauen aufgrund ihrer Rollen unterschiedlich an. Mit konkreten Beispielen bewies sie, dass der Klimaschutz im Grunde eine soziale Aufgabe darstelle, die nur überparteilich gelöst werden können im Sinne der Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Nur Penetranz schafft Akzeptanz!“ Der musikalische Rahmen lag in den Händen des jungen, äußerst talentierten Klarinettisten Lucas Linner, der zusammen mit seinem Studienfreund Leonhard Schwarz (Bassetthorn, Klarinette) in der souveränen Klavier-Begleitung von Freiin Cosima Fischer von Mollard die Thematik des Nachmittags musikalisch mit niveauvollen Werken umsetzte. Neben den Werken von Franz Krommer, Carl Anton Philipp Braun, Felix Mendelssohn Bartholdy und Amadeus Mozarts begeisterten insbesondere die mitreißende Revolutions-Etüde von Chopin und eine spezielle Bearbeitung der Europa-Hymne von Lucas Linner.

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